In der Geldanlage spielt die Erwartung über künftige Erträge eine wichtige Rolle. Aber wie kann das künftige Ertragspotenzial von Anlageklassen vernünftig beurteilt werden? Was treibt die Aktienmärkte? Wie hängen Währungen mit der Volkswirtschaft zusammen? Und wer beeinflusst die Zinsen?
Bei Savity legen wir den Fokus auf volkswirtschaftliche Faktoren. Das sind die besten Indikatoren für langfristige Ertragsschätzungen. Im Bereich der Anleihemärkte ist die Geldmarktpolitik der Zentralbanken seit jeher neben der zyklischen Verfassung der Wirtschaft der relevante Treiber.
Der Zinssatz – das wichtigste Instrument der Geldpolitik
Zentralbanken versuchen weltweit seit der Finanzkrise die Wirtschaft über lockere Geldmarktpolitik anzukurbeln. Zugleich reduzieren sie damit über negative Realzinsen (Zinsen abzüglich Inflationsrate) schrittweise vor allem die hohe Verschuldung des öffentlichen Sektors. Sie geben dabei den Marktteilnehmern ihre geldpolitischen Ziele und Modelle bekannt – und ermöglichen so ziemlich gute Prognosen zu den zukünftigen Zinsen.
Die meisten Zentralbanken arbeiten mit Inflationszielen und zielen auf einen neutralen risikofreien Zinssatz ab (Taylor-Rule), bei dem sich die Wirtschaft im Gleichgewicht befindet. Nach den Verzerrungen seit der Finanzkrise ist dies ein sehr langsamer Prozess. Außerdem ist fraglich, ob Inflation aufgrund eines globalen Produktions-Überangebots überhaupt durch geldpolitische Maßnahmen gesteuert werden kann. Deshalb ist mittelfristig nicht mit positiven Realzinsen zu rechnen.
Der Abschied von der expansiven Geldpolitik der Notenbanken naht. Das bedeutet eine Abkehr der unkonventionellen Geldpolitik der EZB seit der Finanzkrise (= Überschwemmung der Finanzmärkte mit billigem Geld, in der Hoffnung so die Nachfrage der Realwirtschaft anzuregen), indem unter anderem langfristig private und öffentliche Wertpapiere gekauft worden waren. Diese Kaufprogramme werden graduell auslaufen. Das wird die Anleihezinsen ein wenig steigen lassen. Eine Rückkehr zu Kapitalmarktzinsen über 3% für deutsche Bundesanleihen ist über die nächsten 5 Jahre jedoch vor allem in der Eurozone völlig unrealistisch.
Wir gehen davon aus, dass die Geldmarktzinsen in der Eurozone über die nächsten 3 Jahre real negativ bleiben. Der Abstand zwischen Zinsen in den USA und der EU ist gegenwärtig extrem hoch, denn die USA haben bereits vor mehr als einem Jahr mit der Normalisierung ihrer Zinspolitik begonnen und daher mittlerweile ein um ca. 2% höheres Zinsniveau als Europa erreicht. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Abstand reduzieren wird.
Der Aktienmarkt – Spiegelbild des Wachstums einer Volkswirtschaft
Aktienerträge sind primär von folgenden Faktoren abhängig:
Wirtschaftswachstum: Unternehmen generieren das Wirtschaftswachstum. Es gilt daher: je höher das Wirtschaftswachstum, desto höher das Ertragspotenzial der Aktien. In Länder mit höherem Wirtschaftswachstum sollten daher auch Aktienmärkte attraktiver sein. Während das Wirtschaftswachstum 2018 global stark sein wird, müssen die Industriestaaten mittelfristig aufgrund ihrer negativen Demografie mit einer Abflachung des Wirtschaftswachstums rechnen. (siehe Tabelle 1)
Makrodaten
Land | Anteil | Reales Wirtschaftswachstum | Inflation p.a. | |
---|---|---|---|---|
Weltwirtschaft 2018 | 2017 | 2018-2022 Ø | 2018-2022 Ø | |
USA | 15,1 | 2,18 | 1,88 | 2,33 |
Australien | 0,97 | 2,21 | 2,82 | 2,43 |
Kanada | 1,37 | 3,04 | 1,8 | 1,94 |
Frankreich | 2,19 | 1,57 | 1,86 | 1,62 |
Deutschland | 3,22 | 2,05 | 1,45 | 2,09 |
Italien | 1,78 | 1,51 | 0,96 | 1,34 |
Spanien | 1,38 | 3,07 | 1,95 | 1,68 |
Schweden | 0,41 | 3,1 | 1,99 | 1,84 |
Schweiz | 0,4 | 1,01 | 1,61 | 0,86 |
Großbritannien | 2,23 | 1,66 | 1,64 | 2,2 |
Honkong | 0,35 | 3,54 | 2,96 | 2,6 |
Japan | 4,14 | 1,51 | 0,61 | 1,24 |
Brasilien | 2,49 | 0,75 | 1,92 | 4,04 |
China | 18,76 | 6,76 | 6,15 | 2,54 |
Indien | 7,73 | 6,72 | 7,87 | 4,91 |
Indonesien | 2,6 | 5,15 | 5,46 | 3,7 |
Malaysia | 0,74 | 5,43 | 4,85 | 2,98 |
Mexiko | 1,87 | 2,15 | 2,45 | 3,18 |
Polen | 0,88 | 3,84 | 2,88 | 2,46 |
Russland | 3,1 | 1,8 | 1,52 | 3,98 |
Südafrika | 0,58 | 0,7 | 1,85 | 5,47 |
Südkorea | 1,59 | 3,02 | 2,94 | 1,96 |
Taiwan | 0,91 | 1,98 | 2,13 | 1,74 |
Thailand | 0,97 | 3,71 | 3,21 | 1,88 |
Türkei | 1,68 | 5,11 | 3,54 | 8,21 |
Eurozone | 11,21 | 2,15 | 1,66 | 1,76 |
Industriestaaten | 40,64 | 2,17 | 1,78 | 1,98 |
Schwellenländer | 59,36 | 4,64 | 4,98 | 4,11 |
Sektoren: Aktienindizes sollten die Struktur einer Volkswirtschaft widerspiegeln. Wir müssen daher Abweichungen auf das Ertragspotenzial von Sektoren hin analysieren. Nur Sektoren, die global stark wachsen können und marktbeherrschend sind, können sich der negativen Demografie in ihren Heimatmärkten entziehen (z.B. IT-Dienstleister wie Amazon, Google). Die USA sind hier besser positioniert als Europa.
Dividenden: Eine alte Aktionärsregel lautet: Dividende gut, alles gut. Steigende Kurse und Ausschüttungen – was gibt es besseres für einen Investor? Doch hier ist Vorsicht geboten. Denn es gilt: je höher die ausgeschütteten Gewinne, desto weniger kann das Unternehmen für sein zukünftiges Wachstum reinvestieren. Ein Umstand, der oft vernachlässigt wird.
Heutige Bewertung: Je höher eine Aktie heute bewertet ist (Kurs der Aktie im Verhältnis zu ihrem Gewinn), desto niedriger ist das zukünftige Ertragspotenzial. Nobelpreisträger Robert Shiller zeigte, dass sich Aktienmärkte, die historisch stark überbewertet sind, in den darauffolgenden 5 Jahren wesentlich schwächer entwickeln. Er konstruierte dafür einen zyklisch adjustierten Index des Kurs-Gewinn Verhältnisses, indem er reale 10-Jahresdaten verwendete; dieser Index gilt heute als wesentlicher Indikator für Aktienmärkte weltweit. Die historischen Daten, die uns für unseren Vergleichsmaßstab (siehe Tabelle 2) zur Verfügung stehen, reichen in den USA für den breiten Aktienmarkt bis ins 19. Jahrhundert zurück, in den meisten Industrieländern bis in die 60er Jahre, in den Schwellenländern bis in die 90er Jahre. So sehen wir, dass aktuell der US-amerikanische Markt, vor allem Small-Caps (kleinkapitalisierte Unternehmen), besonders hoch bewertet ist (siehe Tabelle 2).
Wieso macht uns das Sorgen? Eine so hohe Bewertung ist eigentlich nur zu rechtfertigen, wenn für die Zukunft nachhaltig signifikant höhere Unternehmensgewinne zu erwarten sind – und das ist in Anbetracht des volkswirtschaftlichen Wachstumspotenzials der Industrieländer sehr unwahrscheinlich (siehe Tabelle 1).
Zyklisch adjustierte Kurs-Gewinn-Verhältnisse (ZA KGV), 4. Quartal 2017
Markt | Volatilität | aktueller ZA KGV | Max ZA KGV | Median ZA KGV | Min ZA KGV |
---|---|---|---|---|---|
USA (Large-Cap) | 14 | 30,6 | 44 | 16,1 | 5 |
USA (Small-Cap) | 19 | 60,3 | 56 | 40,3 | 18 |
Australien | 23 | 17,3 | 30 | 16 | 7 |
Kanada | 20 | 21,2 | 60 | 19 | 6 |
Frankreich | 22 | 20,9 | 57 | 19 | 6 |
Deutschland | 25 | 20,4 | 57 | 18 | 8 |
Italien | 25 | 15,6 | 54 | 20 | 6 |
Spanien | 26 | 13,8 | 39 | 15 | 7 |
Schweden | 25 | 22,2 | 81 | 20 | 5 |
Schweiz | 16 | 24,8 | 57 | 20 | 7 |
Großbritannien | 17 | 15,7 | 26 | 14 | 6 |
Hongkong | 21 | 16 | 32 | 18 | 8 |
Japan | 16 | 27,4 | 92 | 37 | 15 |
Brasilien | 36 | 12,4 | 28 | 15 | 6 |
China | 27 | 17,3 | 49 | 17 | 10 |
Indien | 30 | 20,9 | 49 | 20 | 16 |
Indonesien | 32 | 19,2 | 69 | 23 | 10 |
Malaysia | 18 | 16,3 | 35 | 21 | 16 |
Mexiko | 24 | 22,9 | 39 | 23 | 12 |
Polen | 33 | 10,2 | 28 | 12 | 8 |
Russland | 37 | 5,6 | 24 | 7 | 4 |
Südafrika | 26 | 18,5 | 27 | 19 | 14 |
Südkorea | 28 | 15,3 | 29 | 15 | 11 |
Taiwan | 23 | 21 | 29 | 19 | 11 |
Thailand | 26 | 20,1 | 148 | 20 | 12 |
Türkei | 42 | 11,1 | 26 | 12 | 7 |
Eurozone | 24,5 | 17,7 | 51,75 | 18 | 6,75 |
EAFE* | 17 | 17 | 40 | 25,2 | 11 |
Schwellenländer | 23 | 14,3 | 35 | 16,5 | 10 |
Währungen – Fokus auf die Leistungsbilanz
Es ist kaum möglich, kurzfristig die Entwicklung von Währungen vorherzusagen. Währungen schwanken stark und generieren kein laufendes Einkommen. Aus diesem Grund sind diese als Anlageklasse nicht attraktiv. Savity investiert deshalb (mit Ausnahme der Schwellenmärkte) bevorzugt in währungsgesicherte Anlageklassen.
Langfristig kann die Entwicklung von Wechselkursen jedoch ziemlich gut über volkswirtschaftliche Bewertungen vorhergesagt werden. Dazu zählt zum Beispiel die reale Kaufkraft einer Währung im Verhältnis zu ihren wichtigsten Handelspartnern: Mit steigender Kaufkraft sollte die Währung steigen – tut sie das nicht, ist sie im Verhältnis zu ihren Handelspartnern unterbewertet. Es können auch nach Wirtschaftsblöcken billige/teure Währungen identifiziert werden (z.B. Industriestaaten vs. Schwellenländer, oder Rohstoffexporteure vs. Rohstoffimporteure). Ein weiterer Faktor, der vor allem für Schwellenländer von Bedeutung ist, ist die Abhängigkeit von Kapitalimporten. Denn das spiegelt sich in der Leistungsbilanz wider. Länder mit chronischen Leistungsbilanzdefiziten müssen hohe Realzinsen bieten, um Kapital anzuziehen (z.B. Brasilien, Türkei).